In unserer Interviewreihe „5 Fragen an …“ beantworten Experten fünf spannende Fragen, die in ihrem jeweiligen Fachgebiet relevant sind. Jede Folge widmet sich einem anderen Thema: Ob es um Empfehlungen zur Strategieentwicklung, bewährte Methoden im E-Commerce oder Schlüsselfaktoren für nachhaltiges Online-Wachstum geht – hier erfahrt ihr aus erster Hand, was Unternehmen wirklich nach vorne bringt. Die Experten bringen ihre wichtigsten Insights für euch auf den Punkt und versorgen euch mit praxisnahen Tipps. Viel Spaß beim Lesen!
In der ersten Ausgabe dreht sich alles um das Thema „D2C-E-Commerce-Strategie“.
Der Experte zu dem Thema ist Timo Daedrich, selbstständiger Berater für E-Commerce, Marktplätze und D2C. Er hat langjährige Erfahrung im Online-Marktplatz-Geschäft gesammelt und berät inzwischen namhafte Kunden wie die Osann GmbH, fritz kola, Original LÖWE, RECARO Gaming und Cosyworld. Von Konzern bis Start-up – er begleitet diverse Unternehmen dabei, ihr D2C-E-Commerce-Business auf- und auszubauen.

„Diese Frage stellt eine der zentralen Fragen dar, wenn Unternehmen in das D2C E-Commerce-Geschäft einsteigen wollen. Es sind verschiedene Entscheidungsdimensionen zu betrachten. Ein Onlineshop bietet meist mehr Gestaltungsfreiheit, eine engere Kundenbindung und mehr Zugriff auf Daten, demgegenüber steht aber häufig ein höherer Invest für das initiale Projekt und langfristig für das Marketing. Online-Marktplätze haben in der Regel eine niedrige Einstiegshürde in Bezug auf Aufwand und Kosten, bringen bereits einen großen potenziellen Kundenkreis mit und bieten gute Marketinginstrumente. Auch die Internationalisierung kann leichter fallen. Hier ist also im Einzelfall abzuwägen, welche Kriterien wichtiger sind. Ich erlebe es aber immer häufiger, dass Unternehmen erst mit Marktplätzen starten und im Laufe der Zeit auch einen Onlineshop launchen.“
Key Learning:
Abzuwägen sind die höhere Gestaltungsfreiheit, eine stärkere Kundenbindung und mehr Zugriff auf Daten (eigener Onlineshop) gegenüber geringerem Aufwand und niedrigeren Kosten, guten Marketing- und Internationalisierungsmöglichkeiten sowie einer großen Anzahl an potenziellen Kunden (Marktplätze).

„Online-Marktplätze bieten die technische, organisatorische und vertriebsseitige Grundlage, um die eigenen Produkte online anbieten zu können. Anbieter können sich in gewisser Weise in ein „gemachtes Nest“ setzen und müssen keine eigene Plattform (den Onlineshop) entwickeln und betreiben. Dies betrifft zum Beispiel Prozesse wie den Checkout inklusive Payment oder eine standardisierte Produktdarstellung. Einige Marktplätze bieten auch erweiterte Services wie das komplette Fulfillment oder den Kundenservice. Nicht zu vernachlässigen sind auch die Marketingmöglichkeiten mit Sponsored Products und weiteren Werbeformaten. Das größte Pfund ist aber die Kundenbasis – die Marktplätze bringen eine große potenzielle Käuferschaft direkt mit.“
Key Learning:
Händler, die auf Online-Marktplätzen verkaufen, profitieren von einer großen Kundenbasis. Mithilfe der umfassenden technischen, organisatorischen und vertriebsfokussierten Infrastruktur kann diese hohe Anzahl an potenziellen Kunden einfacher erreicht werden als über den eigenen Onlineshop.

„Eine gewisse Grundlage an Strukturen und Prozessen ist notwendig. So müssen die Produktdaten und -bilder in ausreichender Qualität vorhanden sein, um sie nach Anforderungen des jeweiligen Marktplatzes zu pflegen. Auch müssen die entsprechenden IT-Systeme vorhanden sein, um Bestellungen und Belege verarbeiten und Retouren abwickeln zu können. Wird der Versand durch das Unternehmen selbst durchgeführt, müssen alle entsprechenden Fulfillment-Prozesse funktionieren. Rechtliche und steuerliche Themen sind ebenfalls zu beachten, insbesondere beim Verkauf ins Ausland. Abhängig vom konkreten Marktplatz müssen gegebenenfalls weitere Anforderungen in Bezug auf Prozesse und IT erfüllt werden. Es kann vieles aber auch durch externe Dienstleister oder Tools abgedeckt werden.“
Key Learning:
Händler müssen nur niedrigschwellige Voraussetzungen erfüllen und können sich für die meisten Prozesse Unterstützung einholen.

„KPIs und Kennzahlen sollten sich immer aus den Zielen des Unternehmens ableiten. Dies können Ziele wie Umsatz, Gewinn, Reichweite, Markenbekanntheit, Abverkauf und weitere sein. Typische Kennzahlen sind daher Umsatz, Sales, Gewinn, Visits/Kontakte, Werbekosten. Genutzte KPIs sind häufig Verhältnisse dieser Kennzahlen wie zum Beispiel die Conversion Rate oder Click-Through-Rate. Im Umfeld bezahlter Werbekampagnen spielt auch der ROAS eine große Rolle. Bei der Nutzung von KPIs und Kennzahlen ist es wichtig, konkrete Zielwerte zu setzen, Abweichungen zu analysieren und auch den Zeitverlauf zu betrachten. Daten haben ist gut, Daten für konkrete Handlungen nutzen ist besser. Daher sollte fortlaufend optimiert und der Einfluss der Maßnahmen auf die Werte der KPIs betrachtet werden.“
Key Learning:
KPIs sollten aus Unternehmenszielen abgeleitet, erhobene Daten für konkrete Handlungen verwendet werden.
Wichtige KPIs:
- Conversion-Rate: Dieser KPI zeigt an, wie oft eine gewünschte Aktion ausgeführt wird. Das kann zum Beispiel der Besuch einer Webseite, der Kauf eines Artikels oder die Anmeldung zu einem Event sein.
- CTR: Die Click-Through-Rate beschreibt das Verhältnis zwischen den Klicks auf einen Beitrag und dessen Gesamtansichten. Die CTR wird verwendet, um die Effektivität von Online-Werbekampagnen zu messen.
- ROAS: Der Return on Advertising Spend gibt die Rentabilität von Werbeinvestitionen an. Dafür setzt er den Umsatz, der durch Werbeausgaben generiert wird, ins Verhältnis zu den tatsächlichen Werbeausgaben.

„IT-Systeme spielen beim Betrieb eines E-Commerce-Geschäfts für die Automatisierung der Prozesse eine wichtige Rolle. Je nach konkretem Setup kann die IT-Landschaft aber sehr unterschiedlich aussehen. Viele Unternehmen betreiben ein ERP, manchmal integriert und manchmal separat ein Warenwirtschaftssystem, ein PIM-System für Produktdaten, ein Onlineshop-System und ein CRM-System. Für die Marktplatzanbindung empfiehlt sich außerdem die Nutzung eines Multi-Channel-Tools beziehungsweise Channel-Aggregators. Ein solches Tool muss nur einmalig an die eigenen Systeme angeschlossen werden und bietet den Zugang zu einer großen Anzahl an Marktplätzen, das spart eine Menge Integrationsaufwand. Aufgrund der Komplexität empfiehlt es sich, eine Beratung von Profis einzuholen.“
Key Learning:
IT-/API-Systeme sind ein wichtiger Faktor für die Automatisierung und Effizienz im E-Commerce. Externe Berater helfen dabei, für den jeweiligen Unternehmensbedarf das richtige Setup zu finden.
